Immer wieder wird Ursula Schack gefragt, wie sie so alt werden konnte. Ihr Rezept: „Immer gearbeitet und wenig gegessen!“ Wenn sie gefragt wird, wie man sich mit 100 fühlt, so antwortet sie: „Ich weiß es auch nicht. Kaum zu glauben. Was habe ich alles erlebt in diesen Jahren!“ Die Jubilarin, die geistig noch topfit ist, blickt auf hundert bewegte Jahre zurück, in denen sie auch selbst viel bewegt hat. So hat sie noch bis zum letzten Jahr das Museum Haus der Landsmannschaften in Pforzheim geleitet!
Begonnen hat ihr langes und ereignisreiches Leben vor einem Jahrhundert in Sondershausen in Thüringen. Ihr Vater war Forstmeister und beruflich sehr eingespannt, ihre Mutter „streng, aber auch liebevoll!“ Nach dem Abitur folgte ein halbes Jahr Arbeitsdienst und dann ein halbes Jahr Kriegshilfsdienst. Das Kriegsende hat sie in Weimar erlebt und dort auch einen Bombenangriff.
Nach dem Krieg wollte sie Medizin studieren, doch die DDR verwehrte ihr diese Möglichkeit, weil ihr Vater Staatsbeamter war. Stattdessen machte sie eine Lehre als Schneiderin. Als man sie wegen des Berufs ihres Vaters in ein Bergwerk zur Arbeit schicken wollte, entschied sie sich zur gefährlichen Flucht in den Westen. Ein Bauer fuhr sie mit einem Kuhgespann ins Niemandsland, das sie verkleidet betrat. Der erste Westdeutsche, den sie traf, war ein Grenzpolizist. Sie erinnert sich noch heute daran, was er sie als erstes fragte: „Haben Sie Strümpfe?“. Das lag daran, dass es damals einen regen Schwarzhandel mit Strümpfen über die Grenze gab.

Über Frankfurt am Main ging es dann nach Maichingen. 13 Jahre arbeitete sie als Sekretärin in der Patentabteilung der Firma IBM. Mit ihrer Mutter, die sie nach dem Tod ihres Vaters in den Westen geholt hatte, machte sie 1964 Urlaub in Ruhpolding. An Silvester lernte sie dort ihren Mann Willy kennen. Es war Liebe auf den ersten Blick. Willy Schack hatte nach dem Krieg eine Uhrenfabrik in Enzberg bei Pforzheim eröffnet, in dem später auch Ursula Schack arbeitete. Bis heute trägt sie übrigens eine Uhr ihres Unternehmens.
Ihr Mann war Ostpreuße und viele Jahre Vorsitzender des BdV im Kreis Pforzheim. In diesem Amt folgte sie ihm nach seinem Tod im Jahre 1988 nach und behielt dies Funktion 36 Jahre inne!
Ihr Mann hat noch das Museum Haus der Landsmannschaften in Pforzheim angestoßen, erlebte aber seine Eröffnung im Jahre 1989 nicht mehr. Ursula Schack leitete das Museum bis 2024! Für ihre Verdienste erhielt sie die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg und das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.
Ursula Schack war in ihrem Leben vielen schweren Prüfungen ausgesetzt. Vor einigen Jahren erkrankte sie schwer und musste ins Pflegeheim. Eines Tages sagte der Pfleger zu ihr: „Frau Schack, heute wird aufgestanden.“
„Ab da habe ich gekämpft!“, sagte sie. Sie stand auf – so wie sie immer wieder aufgestanden ist in ihrem Leben!
Zwei Jahre später konnte sie mit einer Reisegesellschaft nach Kroatien in Urlaub fahren“. Ihr Credo: „Man muss etwas wollen!“
Dr. Georg Müller
Herrlich! Dieses Leben ist ja ein proper Abenteuerbuch. Von Schneiderin über gefährliche Flucht mit Kuhgespann und den typischen Grenzer-Fragen (Haben Sie Strümpfe?) bis hin zur Uhr, die man noch heute trägt – das ist mehr als nur ein Alltag! Die 36 Jahre als Vorsitzende nach dem Mann, das ist schon was! Und der Pfleger-Traum – Ab da habe ich gekämpft! – top! Ein echtes Ursula Schack-Geist, die sich wirklich durchgesetzt hat. Beeindruckend, wie sie immer wieder aufgestanden ist! Ein ganz besonderer Lebenslauf!